Schein und Sein
„Tue Gutes und rede darüber“. Dieser Wahlspruch ist weit verbreitet und wird auch bei jeder passenden aber auch leider unpassenden Gelegenheit genützt. „Public Relations“ schön und gut, die Grenze zur Selbstbeweihräucherung ist aber schnell überschritten, ein Beispiel dafür ist die Intranetseite des BM.I, auf der kürzlich unser neuer Innenminister mit „St. Pöltner Migrationshintergrund“ (Zitat aus „Standard“ v. 19.8.2016) über die ersten Monate seiner Amtsführung Bilanz gezogen hat. Weiters werden natürlich Projekte gepriesen, die sowohl intern als auch in der Öffentlichkeit thematisiert wurden, um damit als Arbeitgeber oder (sicherheits-) politisch zu glänzen. Wichtigere Dinge können da schon mal untergehen (z.B. Terrordrohungen gegen die Exekutive).
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Die Personalvertretung und die Gewerkschaft kämpfen seit Jahren darum, Mehrbelastungen für die Exekutive so weit als nur möglich zu verhindern. Das BM.I sieht das dem Vernehmen nach grundsätzlich auch so. Da kommt der neueste Vorschlag unseres Ministers gerade recht, der dafür plädiert, kleinere Delikte (wie z.B. Ladendiebstahl) künftig nicht mehr als Straf-, sondern nur mehr als Verwaltungsdelikte zu sehen. Der Präsident der Richtervereinigung (Werner Zinkl) dazu: „Jede Woche kommt eine neue Idee, ohne vorher mit Experten gesprochen zu haben, das ist Sommerloch-Populismus pur“. Er hält diesen Vorschlag für „echt entbehrlich“, der Präsident der Staatsanwältevereinigung, Gerhard Jarosch, sieht „massive Bedenken“ und „keine Notwendigkeit“ für Änderungen. Man wird sehen, wohin die Diskussion führt, für die Polizistinnen und Polizisten hoffentlich ins Nichts. Es ist zu wünschen, dass sich das Motto des Herrn Innenministers „Wem etwas nicht gefällt, daran habe ich mich zeitlebens noch nie orientiert“, profil, 25.7.2016), hier nicht durchsetzt. Ein wichtiges Anliegen für uns ist die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Auch dazu steht der neue Ressortchef, so hat er anlässlich des letzten Muttertages eine Mutter im SPK Innere Stadt medienwirksam besucht. Am 31.8. gab es für die MitarbeiterInnen des Hauses die Einladung, die Kinder an den Arbeitsplatz mitzunehmen und die Einladung zu einer kleinen Mittagsjause. Gut gebrüllt! Im Gegensatz dazu stehen viel zu viele Kolleginnen und Kollegen, denen Ansuchen um Herabsetzung der Wochendienstzeit abgelehnt werden müssen. Es liegt am Dienstgeber, die notwendigen Voraussetzungen dazu zu schaffen! Fast täglich rühmt man sich natürlich mit den Erfolgen der Kollegenschaft und weist immer darauf hin, dass stets alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit in Österreich zu gewährleisten. Eine Realität dazu ist die Klage des Leiters des Ermittlungsdienstes im LKA Wien über das Fehlen von 100 Planstellen und des Mittelbaus in der Altersstruktur. Ich glaube nicht, dass diese Erkenntnis neu wäre!
„Schwarz-Weiß-Diskussion“
Unaufhörlich kommen aus einem gewissen Bereich unnötige Zurufe zu verschiedensten Thematiken getragen von einem (schlechten) Gedanken: „Schwächung der Gewerkschaften“. Die FPÖ will wieder einmal den Umfang und die Bedeutung von Kollektivverträgen (Gehaltsverhandlungen) überdenken. Das Thema ist mehr als heikel, mehrere EU-Länder haben das probiert, die Auswirkungen: Soziale Schlechterstellungen für die Beschäftigten! Innerhalb der Polizei wollen Querdenker, dass die Ausbildung eines Polizisten ein Lehrverhältnis sein soll. Auswirkungen: Weniger Verdienst, daher: bitte nachdenken. Wir als FSG in der Polizeigewerkschaft diskutieren gerne über alles, es darf aber nie dazu kommen, dass aus Jux und Tollerei niveaulose „Schwarz-Weiß-Diskussionsunkultur“ entsteht. Polarisierung ist schlecht und macht Angst! Rechtspopulisten haben den Vorteil, dass sie Lösungen suggerieren, die dann in der Umsetzung nicht gelingen können, weil sie eben nichts umsetzen müssen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Die täglichen Nachrichten erzählen eine Geschichte, die uns alle bedrückt: Krieg, Hunger, Terror, Gewalt. Der Evolutionswissenschafter Steven Pinker von der Harvard-Universität weist nun nach, dass die Menschheit noch nie so friedlich war wie jetzt! Zwei Fakten dazu: In früheren Stammeskriegen sind deutlich mehr Menschen gestorben als in den Kriegen der Moderne, selbst in den beiden Weltkriegen, in Relation zur Gesamtbevölkerung. Warum das so ist, war die Entwicklung der Demokratie. Diejenigen, die dauernd vom Niedergang reden, haben reines Machtinteresse. Andere zu manipulieren funktioniert am besten mit der Angst. Sie haben keine wissenschaftlichen Belege, keine Analysen, sondern nur den Bierkrug und das Mikrofon, um in die Menge zu brüllen (Ha-Tse lässt grüßen). Bollwerke dagegen sind Demokratie und Bildung!

Hermann Greylinger
Vors.-Stv. der Polizeigewerkschaft