Das Glaskinn lässt grüßen
Der Begriff des „Glaskinns“ hat seinen Ursprung im Boxsport. Kämpfer mit Glaskinn sind jene, die vielleicht gut austeilen können, aber bei denen eben das Kinn aus Glas ist und bei der leichtesten Berührung K.o. und wehleidig in die Knie gehen. Wenn man sich gewisse Kräfte und deren Formulierungen, sowohl in der Politik als auch in der Gewerkschaft anschaut, fällt einem sofort dieser Begriff ein.
Werte Kolleginnen und Kollegen!
„Der Lebensstandard in Österreich ist heute besser denn je. Dennoch plagen uns Ängste und Sorgen, wie es weitergeht. Arbeitslosigkeit und Zuwanderung sind jene Themen, vor denen die Mehrheit am meisten Angst hat“ (Politologe Filzmaier – kein Sozialdemokrat – in der Krone v. 11.9.2016). Die Sorgen sind berechtigt, warum kommt es aber dazu, dass über Horrorszenarien berichtet und Unwahrheiten, die noch mehr Angst machen, verbreitet werden? Politik mit Gerüchten und Falschmeldungen hat seit Haider Methode, obwohl es eigentlich Aufgabe der Politik wäre, Lösungen anzubieten. Davon wollen Rechtspopulisten aber natürlich nichts wissen, sie gießen weiter Öl ins Feuer, um ihr Klientel zu bedienen und um vielleicht auch andere zu „bekehren“. Das ist ihr Kerngeschäft, sich eben jener Themen zu bedienen, von denen man meint, damit die breite Öffentlichkeit vereinnahmen zu können. Dabei schreckt man auch davon nicht zurück, internationale Thematik und innerpolitischen Streit zu vermischen. Längst hat es sich etabliert, mit falschen Anschuldigungen Politik zu machen. Das beginnt bei gezielten Sticheleien und Beleidigungen des politischen Gegners, der höchsten Würdenträger der katholischen Kirche und verschiedensten Hilfsorganisationen, wie sie vor allem beim „politischen Aschermittwoch“ der Blauen stattfinden. Man kennt ganz einfach keine Skrupel, vermeintliche Gegner oder Andersdenkende mit Schmutzkübeln zu überschütten. Gibt es jedoch eine auf Daten und Fakten beruhende Story gerade über diese Populisten, erfolgt sofort das Wehklagen und die Wehleidigkeit ist fast am eigenen Leib zu spüren (O-Ton Ha-Tse nach einer solchen Story auf facebook: „Wenn man glaubt, es geht nicht mehr tiefer und schmutziger, dann wird die nächste Schmutzkübelkampagne ausgepackt“). Die Blauen hängen offenbar sehr an ihrer selbst auferlegten Opferrolle. Das tut richtig weh, das Glaskinn lässt grüßen! Ein jüngstes Beispiel für die Verbreitung von Unwahrheiten ist die fingierte Geschichte in einem sozialen Medium über einen „Sozialschein für einen einmaligen kostenlosen Bordellbesuch für Asylwerber“ (siehe Faksimile). Wie weit muss man schon gesunken sein, um so etwas zu lancieren?
Faksimile Kurier 18.09.2016
Allgemeine politische Diskussion
Die Politik und deren Akteure auf der Regierungsseite, gerade in Zeiten wie diesen, erweisen sich keinen guten Dienst, wenn sie Realitäten ignorieren und auf ideologischen Irrwegen wandeln. Bringt sich die eine Seite mit einer Meinung ein, folgt sofort der Gegenschlag. So schlug Kanzler Kern vor, die öffentlichen Investitionen anzukurbeln und sprach sich gegen die aktuelle Sparwut aus. Die Antwort des Vizekanzlers: „Es ist leider ein alt-linker Irrglaube, dass Staatsgelder auf Pump automatisch alle Probleme lösen“. Jetzt stellt sich für mich die Frage: „Die Staaten Europas werden überwiegend von rechten und rechtsliberalen Regierungen geführt. Wir haben in Österreich seit 16 Jahren einen schwarzen Wirtschafts- und Finanzminister. Österreich hat Schulden wie nie. Warum ist es dazu gekommen, wer trägt die Verantwortung“? Anstatt Dinge zuerst intern zu besprechen, wird sofort die mediale Keule geschwungen, schließlich muss man sich ja intern festigen und die Schulterklopfer zufriedenstellen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Der erstarkende Rechtspopulismus, die „Verhöhnungsästhetik“ der Rechten, die Macht der Konzerne und Lobbyisten und die Gewalt der Sozialen Netze sind eine große Herausforderung, gerade auch für die Gewerkschaften. Wir stehen für Inhalte und engagieren uns, weil wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der es gerecht zugeht. Wir wollen eine Gesellschaft, in der ein Miteinander statt ein Gegeneinander herrscht. Wir setzen nicht auf Destruktion (Zerstörung), nein, für uns zählen soziale Gerechtigkeit, zumutbare Arbeitsbedingungen und die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen, damit ihr euren wahrlich nicht leichten Dienst leisten könnt. Wir sind eure kompetenten Ansprechpartner, wir sind die Menschen, mit denen ihr eure Anliegen besprechen könnt, die Verständnis zeigen und konstruktive Lösungen anbieten. Wo Gewerkschaft draufsteht, sind Menschen drin!
In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Herbst, mit gewerkschaftlichen Grüßen,

Hermann Greylinger
Vors.-Stv. der Polizeigewerkschaft