Erwartungshaltung
Härtefallfonds, Kurzarbeitsfonds, Familienkrisenfonds, Fixkostenzuschuss, Liquiditätsgarantien, Gemeinde-, Gewässerschutz-, Schulausbau-, Vereinshilfs-, Öffi- und Wirtshauspaket. Lehrlingsbonus, Steuer- und Abgabenstundungen, Arbeitslosenfixum, Steuerreform, Investitionsprämie, usw. Alles in Butter, oder?
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Von der Gesundheits- zur Wirtschaftskrise ist es nicht weit. Maßnahmen wurden getroffen und Pakete geschnürt, nach dem Motto: „Wer am lautesten schreit, bekommt auch am meisten“, war der Basar eröffnet und es wurde mehr oder weniger für sein Klientel eingefordert. Zusagen wurden schnell gemacht, allein auf die auch in der entsprechenden Höhe erwarteten Gelder warten viele noch vergeblich. Das führt mich zu einem Thema, welches auch die Polizistinnen und Polizisten betrifft. Es geht um die Anerkennung der Leistungen in den „systemrelevanten Berufen“. In der Krise wurde deren Bedeutung sichtbar, alle Betroffenen wurden mit Lob und Dankesworten überhäuft, dienst- und besoldungsrechtliche Verbesserungen in Aussicht gestellt. „Systemerhalter sollen zusätzliche Entlastungen erhalten und so zu einer gerechten Entlohnung kommen“, das die Ankündigung der Regierung (Ö, 29.4.2020). So wurden auch steuerfreie Einmalzahlungen oder Belohnungen in Aussicht gestellt. Werden sich „danach“ all diejenigen, die das versprochen haben, auch noch daran erinnern können oder was noch besser wäre, das Versprochene umsetzen? Obwohl sonst Optimist, hier befürchte ich, dass die österreichische Normalität siegt und wir unsere Erwartungshaltungen bremsen müssen. Sollte ich falsch liegen, freue ich mich für die Betroffenen! Was uns alle betrifft, sind natürlich die immensen aber notwendigen Milliarden-Ausgaben des Staates (siehe oben). Steuerexperte Gottfried Schellmann geht davon aus, dass dem Staat 30 Milliarden Euro an Einnahmen ausfallen. Es rächt sich, dass das Budget so sehr von Steuern auf Arbeitseinkommen abhängig ist, 1,4 Millionen Menschen in Kurzarbeit und 500.000 Arbeitslose sprechen für sich. Warum ich darauf eingehe? Die Herbstlohnrunden stehen bald an und der Wirtschaftsforscher Martin Kocher vom IHS wurde ausgehend von den sinkenden Steuereinnahmen und einer schrumpfenden Wirtschaft zu möglichen Nulllohnrunden befragt, seine Antwort: „Es wird natürlich eine Diskussion geben, wie hoch die Erhöhungen bei Lohnrunden und Pensionen sein können. Ich würde momentan gar nichts ausschließen“. Wir, die FSG/Klub der Exekutive und ich haben dazu eine klare Meinung: „Unabhängig von allfälligen Belohnungen muss es einen entsprechenden Gehaltsabschluss geben, lassen wir uns mit einer Einmalzahlung oder Belohnung nicht abspeisen, die Verluste bei der Lebensverdienstsumme können sonst nie mehr wettgemacht werden“! Mir schwant Böses und meine Erwartungshaltung sinkt schon wieder. Wo hat man in der Vergangenheit, ob notwendig oder auch nicht, die Kostenbremse angesetzt? Richtig, im öffentlichen Dienst, das war „System“. Aber ja, andererseits fallen mir dann doch wieder die Versprechungen für die „systemrelevanten“ Berufe ein und schon steigt sie wieder, die Erwartungshaltung.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Seit Monaten leben wir mit COVID-19, diese Pandemie und ihre Folgen werden in die Geschichte eingehen. Niemand konnte sich auch nur annähernd vorstellen, dass ein ganzes Land auf Notbetrieb gestellt werden kann, Ausgangsbeschränkungen (wenn auch „SO nicht gemeint“) erlassen und Gesetze im Parlament im Stundentakt beschlossen werden. Bedingt durch diese Krise (aber nicht alleine deshalb) haben sich einige Lücken in der Organisation sowie im Dienst- und Besoldungssystem gezeigt. Wir haben darauf reagiert und im Zentralausschuss und in der Polizeigewerkschaft die nötigen Anträge zu verschiedensten Themen eingebracht (siehe bitte aktuelle Aussendungen und unsere homepage), um in eurem Interesse für Verbesserungen zu sorgen. Eines hat die Krise sicher nicht geschafft – unseren Einsatz für euch zu bremsen, das ist die Erwartungshaltung, die ihr uns entgegenbringt. Mit vollem Einsatz setzen wir alles daran, dieser auch zu entsprechen!
Als Optimist schließe ich mit dem Zitat von Oscar Wilde: „Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende“! In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Lieben nur das Beste, einen schönen Urlaub, kommt alle wieder gesund und gut erholt zurück!

Hermann Greylinger
Vors.-Stv. der Polizeigewerkschaft