Populismus
Viel hat man darüber schön gehört, viel darüber gesprochen und oft auch gerätselt, was da dahinter steckt. Spätestens seit dem Ausgang des Brexit-Referendums in Großbritannien und den US-Wahlen sind wir auch mit den „Erfolgen“ dieses Phänomens konfrontiert. Nicht zu Unrecht meinen viele, dass wir in einer Zeitenwende angekommen sind, es ist das Zeitalter der rechten Politik und damit eng verbunden der Populisten. Warum? Weil die Politik, die deswegen bald Geschichte sein könnte, einen großen Fehler gemacht hat: „Sie hat ganz einfach auf die breite Masse vergessen“! Dass diese Leute gerade jetzt auf diese Populisten hören, die ihnen „das Blaue vom Himmel“ versprechen, ist nicht weiter verwunderlich. Aber das Erwachen wird natürlich fürchterlich sein …
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Was bedeutet eigentlich der Begriff? Dem Begriff Populismus (von lateinisch populus „Volk“) werden von den Sozialwissenschaften mehrere Phänomene zugeordnet. Einerseits handelt es sich um ein unspezifisches Schlagwort, teils auch um einen spezifischen Politikstil, eine Form der politischen Rhetorik bzw. Strategie zum Machterwerb; andererseits wird Populismus in der Forschung auch als Teil verschiedener Ideologien eingestuft. In der politischen Debatte ist Populismus oder populistisch ein häufiger Vorwurf, den sich Vertreter unterschiedlicher Richtungen gegenseitig machen, wenn sie die Aussagen der Gegenrichtung für populär, aber nachteilig halten. Man spricht dann auch von einem politischen Schlagwort bzw. „Kampfbegriff“. Populismus ist häufig geprägt von der Ablehnung von Machteliten und einigen Institutionen, Anti-Intellektualismus, einem scheinbar unpolitischen Auftreten, Berufung auf den „gesunden Menschenverstand“ und die „Stimme des Volkes“. Populismus betont häufig den Gegensatz zwischen dem „Volk“ und der „Elite“ und nimmt dabei in Anspruch, auf der Seite des „einfachen Volkes“ zu stehen. Populismus hat hingegen kein bestimmtes, eigenes Wertesystem, das seinen ideologischen Kern ausmachen und ihn von anderen Ideologien abgrenzen würde. Er kann daher mit ganz unterschiedlichen politischen Richtungen und Zielsetzungen einhergehen. Oft ist er Stilmittel von Protestparteien und -politikern, oder auch von sozialen Bewegungen. Als eine Ursache für populistische Tendenzen gilt u. a. eine fehlende Bürgernähe und eine große Distanz zwischen den Interessen und der Sprache einer Gemeinschaft und denen der Regierenden bzw. des Establishments.
Faksimile Kurier 02.12.2016
Was kann man dagegen tun? Hier gibt es von Politikwissenschaftern verschiedenste Vorschläge. Die einen sind skeptisch und meinen, dass die Politik nach ihrem Wesen nach mehr reagiert als agiert. Was sich auswirken würde, ist Bildung, Bildung, Bildung, das ist aber ein Langzeitprogramm. Andere wiederum haben gleich mehrere Ratschläge parat: Ehrliche und offene Kommunikation, was schiefläuft ansprechen, Bedrohungsbilder nicht wegschieben, Fragen beantworten. Keine Beruhigungspillen verabreichen, die ohnehin nicht wirken. Erreichbare Ziele setzen, nicht vorgeben, dass man Problem lösen kann, von denen man weiß, dass sie nicht lösbar sind, das erhöht den Vertrauensverlust. Wichtig ist es auch, die Konfrontation mit den Populisten aufzunehmen, aber nicht in deren (schlechten) Stil zu verfallen. Wie sagte Michelle Obama: „When they go low, we go high“, frei übersetzt, „Wenn sie primitiv werden, wir bleiben anspruchsvoll“! Man darf sich eben nicht dem aggressiven, affektgetriebenen Niveau anpassen. Politikwissenschafter Fritz Plasser sagt: „Es zahlt sich aus, durchzuhalten. Populisten sind in der Regel wenig enttäuschungsresistent und oft persönlich beleidigt, wenn etwas nicht gleich funktioniert. Das führt zu deren Entzauberung“. Ganz generell warnt Plasser davor, angesichts der Populismuswelle klein beizugeben: „Es wäre falsch zu sagen, jetzt kommt eben ein Zeitalter des Populismus, darum werden wir alle Populisten und sagen und tun Dinge, die wir eigentlich für falsch halten. Das wäre nämlich höchst verantwortungslos und nicht ehrenvoll. Man muss aufrecht und selbstbewusst zu dem stehen, was man für richtig hält“. Die Ernsthaftigkeit dieser Thematik zeigt sich auch daran, wie viele und welch arrivierte Persönlichkeiten sich zu Wort melden. So sagte der legendäre Journalist Hugo Portisch in einem Interview: „Die Tendenz ist überall, Politiker, die sich gegen alles stellen, alles infrage stellen, pöbeln und lügen. Daher muss man für die Demokratie immer wieder in den Ring steigen. Man darf nicht zuschauen, wie die Populisten trotz flegelhaften Verhaltens auf dem Siegeszug sind“. Passend zur Vorweihnachtszeit fällt mir da eine Passage aus der Bergpredigt ein, in der Gott seinen Sohn warnend zu den Menschen sprechen ließ: „Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie die Schafe, in Wirklichkeit sind sie reißende Wölfe“.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Das Schüren negativer Stimmung und das nicht erfüllen können von Erwartungen sind die eine Seite, verantwortungsvolle Politik die andere. Die Menschen driften immer mehr zu radikalen Ansichten, besinnen wir uns doch auf die Menschlichkeit und das Miteinander. Alles, wofür unsere Großeltern, Mütter, Väter und wir gekämpft haben und weiter kämpfen müssen, nämlich Frieden, Freiheit und Menschenrechte, gehen mit Radikalismus verloren. In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Angehörigen und Freunden in der Adventzeit die Besinnung auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens, ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und nur das Beste für das Jahr 2017!
Mit gewerkschaftlichen Grüßen,
Hermann Greylinger
Vors.-Stv. der Polizeigewerkschaft