Personalnot in der LPD Wien
Die Personalsituation in den Wiener Dienststellen ist bereits jetzt schon desaströs! Seit langem darauf hingewiesen, wurde es vom Dienstgeber (BMI) stetig ignoriert! Jetzt können wir nur Entlastungsmaßnahmen /Verbesserungsvorschläge wie
- Einstellung der geteilten RDE am Sonntag/Feiertag
- Zuteilung v. Verw. Personal
- Schaffung zentralen Verständigungsstellen
- Reduzierung artfremder Tätigkeiten
- mehr Wertschätzung in den Basisdienststellen/Polizeiinspektionen
- vor allem aber eine sofortige Zuteilung an Personal und
- keine weitere Aushöhlung unserer Dienststellen
fordern! Anbei ein Artikel zur aktuellen PersonalNOT in der LPD Wien.
Dein Team der
FSG-Klub der Exekutive – Wien
PersonalNOT in der LPD Wien
Die Personaldecke in der Landespolizeidirektion schrumpft jeden Monat weiter. Zu wenig Personal wird aufgenommen, zu viele Austritte während der Polizeigrundausbildung und Kündigungen von KollegInnen die seit Jahren exekutiven Außendienst versehen. Wie lange kann der Polizeibetrieb noch aufrechterhalten werden, was sind die Gründe dafür und wie geht es weiter? Ein Tatsachenbericht unter Einbindung von Betroffenen und Verantwortlichen.
FSG Personalvertretung weist seit 2005 auf den zu erwartenden Personalnotstand hin
Die Baby Boomer Generation geht in Pension und die geburtenschwachen Jahrgänge bestimmen den Arbeitsmarkt. Das sind die Hauptargumente für das Innenministerium, um die Personalnot zu erklären. Es stimmt teilweise, von 1970 bis 1980 wurden tausende PolizistInnen aufgenommen, um die damals herrschende Personalknappheit auszugleichen. Es war klar, dass diese irgendwann ihren verdienten Ruhestand antreten. Auf diese Tatsache haben wir Personalvertreter schon ab 2005 hingewiesen. „Es sei ein Blödsinn was die Personalvertretung da von sich gibt, die Zahlen stimmen nicht“ so eine Aussage des Dienstgebers. Wir wurden sogar beschuldigt, absichtlich zu lügen. Der Dienstgeber argumentierte, er werde schon rechtzeitig reagieren.
Fakt ist, es gehen jedes Jahr in Wien ca. 200 Beamte in den Ruhestand. Um dies auszumerzen, wird krankhaft versucht Personal zu rekrutieren. Das BMI genehmigt dem Polizeipräsidenten ca. 500 Polizistinnen und Polizisten jedes Jahr für Wien aufzunehmen. Wirklich aufgenommen wurden in diesem Jahr mit Stand 1. September 267 PolizeischülerInnen. Viel schlimmer aber noch sind die freiwilligen Austritte der SchülerInnen aus der Polizeischule. Von 1.1.2022 bis 1.9.2022 haben bereits 116 ihren freiwilligen Austritt erklärt. Das sind mehr als 30 Prozent der im Vorjahr aufgenommenen PolizeischülerInnen.
Wie kommt es zu den Austritten, wann entscheiden sich die KollegInnen dazu und warum? Die größte Anzahl an Austritten erfolgt innerhalb der ersten drei Ausbildungsmonate, kurz vor der Praxis I und nach der Dienstprüfung, wenn die Praxis II angetreten wird.
BewerberInnen mit geringen Aufnahmepunktezahlen führen automatisch zu einer höheren Drop Out Quote
Dazu muss man festhalten, dass beim Recruiting von 900 Interessenten nur 300 die Aufnahme positiv abschließen, man spricht zirka von einem Drittel. Zumeist ist es so, dass es mehr Ausbildungsplätze gibt als zugelassene Bewerber. Somit werden alle aufgenommen, auch BewerberInnen mit geringen Aufnahmepunktezahlen, was automatisch zu einer höheren Dropout Quote führt. Wie angesprochen kommt es bereits in den ersten drei Monaten zu den ersten Austritten, das Bildungsniveau einzelner Teilnehmer sei zu gering, viele haben eine Lernschwäche oder kommen mit dem Lerndruck nicht zurecht, so die Angaben von Polizeischullehrern. Die Art zu lernen, fällt ebenfalls vielen schwer, PolizeischülerInnen mit Matura oder gar einem Hochschulstudium werfen das Handtuch, da viele Gesetzesmaterien auswendig gelernt werden müssen. Argumentiert wird dies mit der Abrufbarkeit des Gelernten in einer Stresssituation. Nur auswendig gelerntes Wissen kann lt. Lehrpersonal richtig und schnell angewendet werden. Als Beispiel wird ein möglicher Waffengebrauch genannt, bei dem in Sekunden entschieden werden muss, ob ein Schusswaffengebrauch bei einer Amtshandlung gerechtfertigt ist, oder nicht. Manche/r BewerberIn hat sich die Polizeischule einfach leichter vorgestellt, lernt zu wenig und nicht von Beginn an mit und kann dieses Wissensvakuum nicht mehr auffüllen. Die Leistungslimits im Sport, wie Schwimmen und Laufen, stellen auch Viele vor ein nicht lösbares Problem. Zum einen meinen sie, diese Limits würden ja eh nicht so genau kontrolliert, zum anderen glauben sie darüber verhandeln zu können, oder sie überschätzen sich maßlos.
Viele Bewerber haben sich den Polizeiberuf ganz anders vorgestellt
Bevor die Anwärter die Praxis I absolvieren, muss eine Abschnittsprüfung abgeschlossen werden, bei welcher das gesamte gelernte Wissen des ersten Jahres abgerufen werden muss. Das stellt viele vor eine große Herausforderung und sie entschließen sich für den freiwilligen Austritt. In der Praxis angekommen wird oft erkannt, dass der Polizeiberuf nicht ihren Vorstellungen entspricht oder anders als im Fernsehen abläuft. Sie müssen Tätigkeiten erledigen, welche sie nicht erwartet haben. Manche beklagen wenig motivierte Ausbildungsbeamte, oder diese haben ebenfalls erst vor kurzem ihre Ausbildung absolviert und können daher die notwendige Erfahrung nicht weitergeben. Der teilweise militärisch organsierte Polizeialltag stellt Auszubildende auch vor ein Problem, was möglicherweise daran liegt, dass Betroffene nicht den Präsenzdienst abgeleistet haben und sie in diesem Bereich Neuland betreten. Spricht man die SchülerInnen, die die Ausbildung abgebrochen haben auf den Grund dafür an, dann begründen sie es damit, es nur versucht zu haben, aber es ihnen gar nicht so wichtig sei PolizistIn zu werden. Bemerkt wird, dass die finanzielle Abgeltung in der Ausbildung von den Ausgetretenen nie als Grund genannt wird.
Grund für die Austritte sind auch zu viele Überstunden – Work-Life-Balance nicht vorhanden
Haben sie die Polizeischule dann doch hinter sich gebracht und die Dienstprüfung positiv abgelegt, kommen sie in die Praxis II, welche sie noch positiv absolvieren müssen. Auch dort entscheiden sich noch Viele den Polizeiberuf nicht weiter ausüben zu wollen. Grund sind oft die aufgrund der Personalknappheit zu leistenden Überstunden. Das Leben wird auf den Dienstbetrieb und den Schicht- und Wechseldienst umgestellt. Die gewohnte Work-Life-Balance ist nicht mehr vorhanden.
Die freiwilligen Austritte stellen die eine Seite des Personalnotstandes dar, die Versetzungen und Dienstzuteilungen zu Sondereinheiten und in die Bundesländer, die andere. Aktuell sind mehr als 400 MitarbeiterInnen nicht auf ihrer Dienststelle in Wien und dem Bundesministerium für Inneres ständig zugewiesen. Leider kündigen auch immer mehr fertig ausgebildete KollegInnen, im Jahr 2022 derzeit 45 allein in Wien. Die Gründe hierfür sind ebenfalls mannigfaltig. Der Personalmangel und die dadurch überhandnehmenden Überstunden sind für viele der Hauptgrund. Das Privatleben kann nicht mehr so geplant werden wie vorgesehen, Urlaube müssen konsumiert werden, nicht für die Erholung, sondern um am eigenen Familienleben teilnehmen zu können. Viele bemängeln den Umgang der Vorgesetzten, soziale Kompetenz seien bei vielen eine Fehlanzeige. Die versprochene Versetzung in ein Bundesland oder eine andere Abteilung, die nicht durchgeführt wurde, Sinnhaftigkeit von Amtshandlungen und Perspektivenlosigkeit bei der Dienstversehung auf einer Polizeiinspektion, werden sehr oft genannt. Die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, die Gefährdung im exekutiven Außendienst werden ebenfalls als Argument angeführt.
Die Wertschätzung für die Arbeit auf einer Polizeiinspektion fehlt
Was allerdings alle Befragten anführen und was ihrer Meinung nach das größte Problem sei, ist die mangelnde Wertschätzung der Arbeit, die auf Polizeiinspektionen geleistet wird. Ihrer Meinung nach wird jede Tätigkeit, die sonst niemand erledigt will, auf die unterste Ebene delegiert. Nach dem Grund ihres Versetzungswunsches befragt, antwortet ein Großteil der Befragten, egal in welcher Abteilung, „Hauptsache weg von der Polizeiinspektion“.
Setzt die Landespolizeidirektion Maßnahmen gegen die geplante Kündigung einer Kollegin oder eines Kollegen? Meiner Meinung nach zu wenig. Ein Feedbackbogen der MitarbeiterInnen-Betreuung wird ihnen übermittelt, welchen sie ausfüllen und zurücksenden können. In den seltensten Fällen führt der Vorgesetzte ein persönliches Gespräch, was die Gründe hierfür seien oder versucht Argumente für einen Widerruf zu vermitteln.
Den Stein der Weisen für dieses Problem gegenwärtig zu finden wird schwierig. Tatsache ist, dass das Problem nicht plötzlich entstand, sondern der Dienstgeber fast zwei Jahrzehnte Zeit hatte darauf zu reagieren. Jetzt ist es zu spät, man kann PolizistInnen nicht am Fließband erzeugen. Gibt es Möglichkeiten, diesem Trend entgegenzuwirken? Dem Recruiting wird eine wichtige Rolle zukommen, das Polizeischulsystem wird zu überdenken sein, aber die wichtigste Aufgabe wird die Optimierung des Dienstbetriebes in Wien sei, um den Standort attraktiver zu machen.
Die Gemeinde Wien unterstützt die PolizistInnen seit Jahren in allen Belangen.
Die Gemeinde Wien unterstützt die Polizei dabei in vollen Zügen. In jedem Bereich, ob beruflich, sozial oder privat, sind Benefits für den Einzelnen vorhanden. Der größte Anteil der Polizeiarbeit herrscht in Wien, die Nebenkosten sind hoch, die Zentralstellen okkupieren ständig Ressourcen, es fehlt an Personal und die Motivation wird immer geringer. Leistung ist in unserer Zeit, wenn es objektiv und mit den richtigen Zahlen gemacht wird, messbar. Die speziellen Belastungen für die Wiener Kolleginnen und Kollegen müssen, auf welche Art auch immer, ihre Anerkennung und Abgeltung finden. Ein Vorschlag wäre auch, alle KollegInnen, nach deren Ausbildung, wo auch immer sie sie in Österreich abgelegt haben, eine gewisse Zeit in Wien den Dienst, vielleicht mit finanziellen Anreizen, versehen zu lassen. Unumgänglich ist es die Polizeiinspektionen zu sanieren und für die Aufgaben einer modernen Polizei umzurüsten. Manche Personalressourcen können höchstwahrscheinlich auch aus anderen Abteilungen mobilisiert werden. Natürlich benötigt ein Arbeitgeber wie die Polizei Tätigkeiten für PolizistInnen, die nicht mehr Exekutivdienst tauglich sind, aber manche Aufgaben können auch von Vertragsbediensteten geleistet werden und somit werden KollegInnen wieder für den exekutiven Außendienst freigespielt und die Polizeiinspektionen wieder aufgestockt.
Als Lügner werden wir nicht mehr bezichtigt, denn der Personalnotstand ist allen Verantwortlichen bekannt und sie suchen händeringend nach Lösungen, leider zu spät. Sie werden Ursachenforschung betreiben und Reformen initiieren müssen, denn sonst sinkt die Motivation weiter, der Personalstand wird noch geringer und sie werden Dienststellen schließen müssen.