Erwartungen – Enttäuschungen
Der Intrigantenstadel in den eigenen Reihen (eine maßgebliche Rolle spielte auch der Herr BM für Inneres) hat zum Rücktritt des ehemaligen Vizekanzlers Mitterlehner geführt. Viele sind der Meinung, dass der Falsche gegangen ist. Der neue „Wunderwuzzi“ (zumindest aus Sicht seiner Partei) hat daher ein Machtwort gesprochen. Mit der Übernahme der Alleinherrschaft über zukünftige Inhalte, Personen und Vorgangsweisen der zukünftig türkisen Bewegung ging auch das Ende der Koalition einher. Viele Projekte sollten von dieser Regierung noch umgesetzt werden, zumindest war es so (auch mit seiner Unterschrift) vereinbart. Wesentliche Dinge betreffen auch die Polizistinnen und Polizisten – wie geht es weiter?
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Aufwertungen, Erhöhung Nachtzeitguthaben. Der Dienstgeber lud auf Antrag den Zentralausschuss zu diesen Themen zu Gesprächen ein. Basierend auf dem Projekt „Gemeinsam sicher“ sollte ein Gesamtpaket geschnürt werden, welches die Leistungen der Kolleginnen und Kollegen entsprechend honoriert. Schnell hatten sich Dienstgeber und Personalvertretung auf ein Verhandlungspapier geeinigt, die Inhalte wurden grob umrissen, Arbeitsgruppen eingesetzt, volle Kraft voraus! Die unverbesserlichen Optimisten waren sogar schon so weit, dass von einem Verhandlungsergebnis gesprochen und geschrieben wurde, die FSG/Klub der Exekutive hat schon damals gewarnt. Jetzt herrscht Ungewissheit. Warum? Die Erhöhung des NZG (Nachtzeitguthabens) auf 1,5 Stunden pro Nachtdienst bedarf einer Änderung des Gehaltsgesetzes! Die angestrebten Bewertungsverbesserungen bedürfen der Zustimmung des Bundeskanzleramtes. Politisches Kalkül und Taktieren hat die Koalition gesprengt, persönliche Befindlichkeiten haben über politische Verantwortung die Oberhand behalten, Sobotka und Kurz sei Dank! Nach letztem Stand soll mit einem Initiativantrag im Parlament wenigstens das Thema „Aufwertungen“ positiv erledigt werden. Das vom Dienstgeber eingeforderte Gesamtpaket ist Geschichte, wo bleiben da Paktfähigkeit und Handschlagqualität?
Ankündigungspolitik I
Konkretes Programm gibt es zwar noch nicht, aber den ersten „Wahlkampf-Heuler“ hat uns „Basti“ Kurz schon präsentiert: „Steuern runter – 3.600.- Euro Entlastung pro Haushalt“! Das Gesamtvolumen dieser Reform würde bei 12 bis 14 Milliarden Euro liegen, woher nehmen? Ganz einfach: „Die Steuersenkung soll vor allem durch die Kürzung von Sozialleistungen finanziert werden“ (Idee könnte auch von Ha-Tse kommen). Gut (populistisch rechts) gebrüllt. Dazu muss man aber wissen, dass diese Sozialleistungen nicht einmal einen Bruchteil des genannten Gesamtvolumens ausmachen! Wenn das die Qualifikation für den Bundeskanzler ist, na danke! Interessant dazu auch die Fakten über das Zustandekommen der letzten Lohnsteuersenkung (Initiative ging vom ÖGB aus!), die ein Gesamtvolumen von 5 Milliarden Euro hatte. Die ÖVP (mit Kurz) hat sich lange intensiv gewehrt, sie hat die Umsetzung für unfinanzierbar gehalten, der damalige Vizekanzler Spindelegger hat keine Verantwortung übernehmen wollen und hat mit seinem Rücktritt die Konsequenzen gezogen! Weshalb jetzt der Sinneswandel, Herr Kurz? Solche sinnbefreiten Ankündigungen sind reine Effekthascherei, der gelernte Österreicher wird darauf nicht hereinfallen.
Faksimile Kurier 16.06.2017, Österreich 12.06.2017
Ankündigungspolitik II
„Intellektuelle Blähungen“ scheinen auch den Politiker zu befallen haben, der in Anlehnung an das Haider-Plakat „Ich habe euch nie belogen“ (die Kärntner Bevölkerung dankt es ihm noch heute und noch länger) plakatieren lässt, dass er der einzige sei, den man vertrauen kann. Wieder einmal fordert er die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in Wirtschafts- und Arbeiterkammer, für ihn sei das auch als Koalitionsbedingung vorstellbar. ACHTUNG: Dies würde auch das Ende der Sozialpartnerschaft bedeuten, hier wird gedankenlos mit dem sozialen Frieden in Österreich gespielt! Auch die Ansammlung unehrlicher Funktionäre kann es nicht lassen, in einer Aussendung werden die Polizistinnen und Polizisten als „Draufzahler der Pensionsreform“ bezeichnet und die Verantwortung dafür natürlich der Gewerkschaft zugeschoben. Leider ist es unmöglich, allen Falschmeldungen hinterher zu recherchieren, in diesem Fall aber ALLEN noch einmal in Erinnerung gerufen: „Die grauslichen Pensionsreformen wurden unter „Schwarz/blau/orange“ beschlossen und betreffen ALLE Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich!
Ankündigungspolitik III
Seit 2015 gab es in Europa 22 Terroranschläge, denen 19 Gesetzesänderungen im Bereich des Sicherheitspolizeigesetzes folgten, nicht nur ich nenne das Anlassgesetzgebung. Der neue SPÖ-NÖ Vorsitzende Franz Schnabl, den man profunde Kenntnisse im Bereich der Sicherheit bestimmt nicht absprechen kann, nennt es „Politaktionismus“. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, warnt davor, immer, wenn etwas im In- und Ausland passiere, „neue Gesetze anzukündigen“. Holzinger weiter: „Nach immer neuen Gesetzen zu rufen, gefährdet das Vertrauen in den Rechtsstaat. Man solle erst prüfen, ob die bestehenden Gesetze nicht ausreichen“. Auch in einem Leitartikel im Kurier wird diese Meinung vertreten (siehe Faksimilen). Vorausschauende Sicherheitspolitik ist gefragt, nicht politischer Missbrauch!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
(Vor)Wahlkampf ist ja „die Zeit fokussierter Unintelligenz“ (Zitat Bgm Michael Häupl). Lassen wir uns nicht hinters Licht führen, hinterfragen wir alle Aussagen auf ihre Inhalte und vor allem ihre Glaubwürdigkeit. Lassen wir Fakten sprechen, setzen wir auf Fairness, Sachlichkeit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit. In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Familien einen schönen, erholsamen Sommer, kommt alle wieder gesund zurück!
Mit gewerkschaftlichen Grüßen,

Hermann Greylinger
Vors.-Stv. der Polizeigewerkschaft